Für die Haltung von Zuchtbullen gelten besondere Vorschriften, wie zum Beispiel das Einziehen eines Nasenringes für den Herren. Den gibt es in verschiedenen Farben. Ein Deckbulle sollte mindestens neun Monate alt, zuchtreif und geschlechtsreif sein, wenn er auf der Weide auf Partnertiere trifft. Er läuft meist der Herde hinterher und hat erst einmal nicht viel zu sagen, aber zu sichern. Dafür brüllt ein freilaufender Bulle mitunter sehr eindrucksvoll und rennt unglaublich schnell auf einen möglichen Eindringling zu, vor allem abends und nachts. Er kann sich scheinbar größer machen, wenn er sich in eine ordentliche Staubwolke einhüllt, die er um sich herum scharrt.                                  

Der Anführer einer Rinderherde ist in der Mehrzahl die Leitkuh. Diese vererbt ihre ranghohe Position an ihre Kälber. Droht der Nachzucht Gefahr, nehmen die Kühe ihre Kälbchen in die Mitte und umschließen sie wie ein Ring. Der Bulle läuft zur Absicherung außen herum. Die Wachsamkeit der Fjällrinder wird oft unterschätzt.

Die Haltung eines Bullen lohnt sich daher eher bei einer höheren Kuhzahl. Mit einem intelligenten saisonalen Management funktioniert es mit Fjällrindern überaus gut, da sie friedliche Rinder sind. Sie weichen lieber zurück, statt vorzuschnellen. 

In Skandinavien lebten diese Rinder die meiste Zeit im Stall. Jeder Zuchtverein hatte einen oder mehrere Deckbullen, für die ein meist weiblicher Futterwart verantwortlich war. Wenn eine Kuh oder Färse rinderte, ging man mit ihr zum Bullen. Während dieser seine Pflicht tat und das Tier deckte, bekam der Halter meist einen Kaffee beim Zuchtwart und ein kleiner Plausch wurde gehalten. Anschließend ging man mit seiner Kuh oder Färse wieder nach Hause. So wurde es mir erzählt. 

Das änderte sich mit der künstlichen Besamung. Am Anfang übertrug man bestelltes Frischsperma eines Bullens auf mehrere Kühe. Heute gibt es Tiefgefrier- Sperma in sehr dünnen Plastikröhrchen (Pailletten). Die Norweger bieten neuerdings in der Zucht beim Rørosrind einige Bullen mit gesextem Sperma an. Es gibt allerdings nur sehr wenige Portionen und diese sind nicht für den Export gedacht. Nach meiner Information gab es einen Versuch mit der Übertragung von Embryonen, was allerdings keinen Erfolg hatte.

Jedes Frühjahr setzt sich der Vorstand des Zuchtverbandes des Seitengezeichneten Trønder- und Nordlandsviehs- der Røroskuh-  zusammen und sucht einige neue Bullen für das aktuelle Zuchtjahr heraus. Wenn die Portionen fast aufgebraucht sind, wird der Bulle für den Verkauf gesperrt und der Rest der Pailletten geht in die Langzeitlagerung zur Aufbewahrung. Oberstes Ziel des Zuchtverbandes ist der Erhalt dieser lokal und klimatisch gut angepaßten alten Haustierrasse und ihre Weiterentwicklung als Milchrasse. Es gibt noch sehr wenige Bestände, die Røroskühe als reine Milchrinder halten und nur diese Tiere im Bestand haben. Es sieht wunderschön aus, wenn sich ein ganzer Stall voll mit friedlich schmatzenden Røroskühen vor einem öffnet. Diese Tiere sind auf ihre Milchleistung geprüft und dürfen Bullenmütter werden, wenn ihre Mütter auch geprüft wurden. Rolf Petter Tørres in Røros hat sich einen beeindruckend schönen Bestand aus gepunkteten Røroskkühen aufgebaut. 

Im Moment geht der Trend der Røroskuh sogar in Norwegen leider in Richtung Mutterkuhhaltung. Daraus ergeben sich allerhand Probleme für die Rinder und die Zucht. Die hohe Milchleistung ist oft für ein Kalb zu viel und leicht entstehen Euterprobleme für die Kuh. Auch muss eine Milchkuh anders als eine Mastkuh gefüttert werden. Und die Kälber möchten bei ihrer Geburt nicht in den tiefen Schnee purzeln. Die Bullenkälber der Mutterkuhhalter sind für die Milchzucht verloren, weil ihre Mütter nicht mehr in der Milchleistung geprüft werden. Sicherlich hat man landesweit auf dem Papier insgesamt eine höhere Tierzahl an Røroskühen und damit vielleicht eine Förderprämie in Norwegen. Der Entwicklung der Rasse hilft das wahrscheinlich eher nicht weiter, so sagte man mir. Und exportiert werden die Tiere auch nicht. Seit sehr vielen Jahren würde ich gern eine Røroskuh kaufen oder zwei. Auch der Umweg über das Bullensperma ist für mich schwierig, obwohl ich norwegisch sprechen und schreiben kann. Meine Fjällrinder sind nah dran an den Røroskühen. Ganz am Ziel bin ich aber noch nicht.

Für die Zucht von Fjällrindern steht in Deutschland das Tiefgegrier- Sperma einiger Besamungsbullen zur Verfügung, die selten (sofort) lieferbar sind. Der Rinderzuchtverband Berlin Brandenburg (RBB) unterstützt mich bei der Suche und kann auch einige Hindernisse ausräumen. Allein die Auswahl ist äußerst gering. Möchte ich einen tollen Besamungsbullen für meine Kühe kaufen, höre ich mehr als einmal, dass es ihn leider nicht mehr gibt. Die Suche im Ausland ist oft ergiebiger, allerdings nicht unbedingt lieferbarer. 

Über Göpel- Genetik konnte ich zwei KB- Bullen aus Norwegen einsetzen. Über www.stn-avl.no findet man einige Tiere, die für den Export freigegeben sind. Die Bullenkälber daraus sind aus meiner Zucht und in Deutschland weit verbreitet. Sie laufen als Deckbullen frei in der Herde mit. Bei einem pfiffigen Management, kann man so auch den Zeitraum der Kalbungen eingrenzen. Anderenfalls gibt es die Kälber auch zu weniger günstigen Jahreszeiten oder der Bulle deckt seine eigenen Töchter in der Herde und das auch noch vor der Zuchtreife der Färsen. Die zu jungen Mütter bleiben zeitlebens klein und haben oft große Probleme beim Kalben. Häufig stirbt das Kalb oder die zu kleine Färse. 

Die schwedischen Bullen werden über Viking- Genetik verwaltet. Das macht die Beschaffung leider nicht einfacher.

Noch traut sich der RBB nicht, einen Bullen der Fjällrinder auf die Besamungsstation einzustellen. Trotz doppeltem Kappa- Kasein und A1/A1 Werten in der Milch. Dadurch kann man bis zu 20% mehr Käse aus einem Liter Milch bekommen. Ich finde, es wäre eine große Chance im Sinne der Nachhaltigkeit. Außerdem sind die Fjällrinder sehr langlebig. Auch das ist ein wichtiges Zuchtmerkmal.

In Deutschland nutzen mindestens drei Züchter von Fjällrindern die künstliche Besamung für ihre Färsen und Kühe. Der Vorteil liegt theoretisch darin, daß man mit der Auswahl der Bullen flexibler ist. Auch der Unterhalt der Bullen fällt weg, genauso wie der Umgang mit ihnen.

Mit meiner Zucht bin ich ungeplant zu einem wichtigen Bullenzüchter geworden. Da kein gesextes Sperma zur Verfügung steht, bleibt mir nur zu hoffen, dass ich ein Färsenkälbchen von meinen Fjällrindern bekommen werde. 

Um die jungen Bullen an ihre große Aufgabe als Deckbulle zu gewöhnen, laufe ich mit meinen Bullenkälber an Halfter und Strick jeden Tag auf die Weide und zurück. Sie lernen genauso wie Pferde das Fohlen- ABC im respektvollen Miteinander. Später ist das eine Lebensversicherung im Umgang mit den Deckbullen. Bullen mit schlechter Laune würde ich nicht in der Zucht verwenden.